Gedenken am 04.11.

Freitag
05 Nov
2021

10 Jahre nach der Enttarnung des NSU gedenkt man in Zwickau den Opfern und intensiviert die Aufarbeitung.

Zwickau, 04.11.2021

Zivilgesellschaft und Verwaltung gedenken, reflektieren und mahnen

Viele Jahre wurden von Jena, Chemnitz und Zwickau aus Morde und Überfälle geplant. Geschützt von einem Netzwerk, das besonders in diesen Städten aktiv war, konnten Gräueltaten im ganzen Land verübt werden.

Am 4. November 2011 explodierte in Zwickau ein Haus und der NSU wurde für uns alle sichtbar. Nach und nach kamen die Taten der Rechtsterroristen ans Licht, doch (zu) vieles liegt noch immer im Dunkeln. In den Städten, in denen sich die Drahtzieher besonders sicher bewegen konnten, stellt sich vor allem die Frage, welche Verantwortung die Behörden, Verwaltungen und die Zivilgesellschaft hatten und haben.

Reicht es?! – 10 Jahre NSU-Aufarbeitung

Dieser Fragestellung gingen auch zwei vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung und der Stadt Zwickau organisierte Workshops nach. Unter dem Motto „Reicht es?! – 10 Jahre NSU-Aufarbeitung“ gingen die Teilnehmenden einen Tag lang in die Aufarbeitung. Was wurde in den Städten getan? Welche Akteure beteiligen sich in welchem Maße an einer Reflektion? In einem moderierten Prozess arbeiteten Vertreter*innen aus Chemnitz, Jena und Zwickau sowie der Verwaltung des Freistaates Sachsen an diesen Fragestellungen.

Im Ministerium möchte man die bestehenden Bemühungen stärken und finanziert die Konzeption eines Dokumentationszentrums. Die weitere Aufarbeitung des rechten Terrors ist ein wichtiger Bestandteil der Aufklärung und dient als Mahnung für weitere Generationen. Aus diesem Grund übergab Sachsens Justiz- und Demokratieministerin Katja Meier einen Fördermittelbescheid an den RAA Sachsen e.V..

Aktion „Wachsendes Gedenken“ startet in Zwickau

Im Zuge der Fördermittelübergabe stellte das Bündnis für Demokratie und Toleranz die Gedenkaktion „Wachsendes Gedenken“ vor.

Seit März 2021 reifte in der Zwickauer Zivilbevölkerung und bei den Verantwortlichen des Bündnisses für Demokratie und Toleranz der Zwickauer Region eine konkrete Idee, um den zehn Opfern des rechten Terrors zu gedenken – 10 Jahre nach der Enttarnung wichtiger denn je.

Daher wurde seit Anfang des Jahres darüber nachgedacht, wie ein Gedenken und eine Aufarbeitung aussehen könnten. Da unter den Engagierten die Befürchtung wuchs, dass Stadtverwaltung und Stadtrat die Bedeutung dieses Datums nicht ausreichend im Blick haben könnten, wurde man aktiv.

Christian Siegel, Mitglied des Bündnisbeirats und Zwickauer Stadtrat, brachte die Idee des „Wachsenden Gedenkens“ ein. Ausgehend vom Bild der Bäume des Zwickauer Gedenkortes für die Opfer des NSU nahm das Koordinierungsbüro des Bündnisses für Demokratie Kontakt zu allen Städten auf, in denen der NSU Menschen ermordet hatte. Vertreter*innen der Zwickauer Zivilgesellschaft möchten junge Bäume zum Gedenken an die Ermordeten in jene Städte senden. Es kam mit einigen Städten zu einem intensiven Austausch. Beim „Wachsenden Gedenken“ geht es nicht um Gedenkfolklore oder um Kunst, die nicht stören soll, sondern es geht um Auseinandersetzung und um die Perspektive der Opfer und ihrer Hinterbliebenen.

Deshalb sollen die Wünsche der Familien und Angehörigen der Opfer immer im Vordergrund stehen. Aus diesem Grund waren die Rückmeldungen aus den Städten unterschiedlich, jedoch immer dankbar, positiv und nicht abgeneigt in der Zukunft einen Baum aus Zwickau zu pflanzen.

In den Städten Heilbronn, Nürnberg und Hamburg wurde die Idee des „Wachsenden Gedenkens“ sehr positiv aufgenommen und in bereits bestehende Gedenkveranstaltungen integriert oder in neue Ideen eingebunden.

In Nürnberg beispielsweise wird der Baum, der zum Gedenken der drei Opfer stehen soll, in der Nähe eines Tatorts gepflanzt. Eine angrenzende Schule hat sich angeboten, die Patenschaft zu übernehmen, den Baum zu pflegen und in unterschiedlichen Momenten an diesem Ort zu gedenken.

Dazu ein Dankeswort aus Nürnberg:

„Wir freuen uns sehr, dass wir uns an der Aktion “Wachsendes Gedenken“ beteiligen dürfen, bei der Bäume als Zeichen und Geschenk von Zwickau in die Städte gehen. Wir planen diesen Baum in Absprache mit den Angehörigen an den Ort zu pflanzen, an dem İsmail Yaşar am 9. Juni 2005 ermordet wurde. Ganz herzlichen Dank schon im Voraus für diese gute Idee und das Baumgeschenk.“

In Hamburg plant man den von der Familie gewünschten Feigenbaum in einer repräsentativen Grünanlage vor dem Altonaer Rathaus zu pflanzen. Ein Ort, an dem sich Süleymann Taşköprü besonders gern aufgehalten hat.

In der Stadt Heilbronn wird der Baum im Sommer nächsten Jahres im Zuge der Einweihung des neuen Polizeipräsidiums gepflanzt. Er soll vor dem Präsidium auf einer öffentlich zugänglichen Stelle stehen und dort an Michèle Kiesewetter erinnern.

Die Kosten für das „Wachsende Gedenken“ werden vollständig durch Spenden getragen. Für jeden Baum wird ein kleiner vierstelliger Betrag benötigt, um den gewünschten Standort vorzubereiten und einen Baum zu finden, der sich für die Örtlichkeit eignet.

Wer die Aktion unterstützen möchte, kann seine Spende weiterhin abgeben unter: https://www.betterplace.org/de/projects/100612?utm_campaign=user_share&utm_medium=ppp_stats&utm_source=Link

Städtisches Gedenken im Dom und am Gedenkhain mit Beiträgen der Zivilgesellschaft

Um 18 Uhr fand im Dom St. Marien ein weltoffenes Gedenken statt. Vertreter*innen der Kirchen sowie der Muslimgemeinden gedachten gemeinsam mit der Bevölkerung Zwickaus den zehn Opfern. Vor dem Eingang erinnerten die von engagierten Zwickauerinnen und Zwickauern geschaffenen Gedenkbänke an die Opfer.

Im Dom selbst erinnerten Susanne-Hartzsch-Trauer, bereits aktiv in der Bürgerbewegung der DDR und 1991 Mitbegründerin des SOS-Mütterzentrums Zwickau, gemeinsam mit dem Musiker Dyaa Kassoma an die Werte, an der eine Gesellschaft gemessen wird.

„Nehmen wir uns den Wunsch dieser Menschen, in deren Schuld unser Land steht, zu Herzen. Versuchen wir selbst, jeder an dem Platz, an den er gestellt ist, dafür einzustehen, dass Deutschland ein vielfältiges Land bleibt, in dem Menschen unterschiedlicher kultureller und religiöser Tradition eine Heimat haben und wir einander mit Respekt begegnen. Stehen wir alle ein für eine offene Gesellschaft!“

Im Anschluss gingen die Besucher gemeinsam zu Fuß zu den Gedenkbäumen am Schwanenteich. Der Zug passierte dabei das Frauentor und damit die Licht- und Soundinstallation, die von Engagierten der Zwickauer Bevölkerung initiiert wurde. Auf großen Bannern waren Bilder und Lebensdaten der Getöteten zu sehen, mittels Lautsprecher wurden deren Lebensläufe und Interviews mit den Hinterbliebenen abgespielt.

Am Gedenkhain selbst wurde nach einem kurzen Trompetenspiel eine Schweigeminute abgehalten und Kerzen an den Bäumen abgestellt.

Aufarbeitung des Workshops und Diskussion mit der Bevölkerung

Zu einer öffentlichen Diskussionsrunde kam es dann am Abend in der Neuen Welt. Sowohl Teilnehmende aus den Workshops als auch Staatsministerin Katja Meier und ein Vertreter des Innenministeriums diskutierten, wie Gedenken und Aufarbeitung zusammengehen können. Auch die Perspektive der Hinterbliebenen wurde durch einen Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess mit klaren Worten in den Mittelpunkt gerückt.

Wer sich ein Bild des Austausches machen möchte, findet die Diskussion in voller Länge unter:

https://www.youtube.com/watch?v=jNROW26sz80&t=233s

„Zwickau, erinnerst Du Dich?“ mit Prof. Dr. Aleida Assmann

Freitag
08 Nov
2019

Gemeinsam mit dem Käthe-Kollwitz-Gymnasium und dem Mütterzentrum ist es uns gelungen, im Rahmen der Reihe „Schule im Dialog“ und der „Novembertage“ die Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2018 nach Zwickau einzuladen. Frau Prof. Dr. Assmann referierte knapp 60 Minuten über Gedenk- und Erinnerungskultur in Deutschland, Städten wie Zwickau und in Schulen. Dabei spielten auch die Nachkriegsjahre und Generationen eine Rolle, das schwierige Verhältnis zum Begriff der „Nation“ sowie die unterschiedliche Aufarbeitung in Ost und West. Anschließend hatten die ca. 150 Gäste Gelegenheit, sich an der offenen Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Stadtverwaltung, Schule und Zivilgesellschaft zu beteiligen. Ein großes Thema bei allen: Die Aufarbeitung des NSU und das Gedenken an die Opfer in Zwickau.

Veranstalter: SOS Mütterzentrum | Käthe-Kollwitz-Gymnasium | Alter Gasometer e.V. | 

Vernetzungstreffen der Geschichtswerkstätten

Freitag
05 Apr
2019

Am 5. April fuhren die Teilnehmer der Zwickauer Geschichtswerkstatt, anlässlich einer Veranstaltungsreihe zum Todestag des NSU-Opfers Halit Yozgat, nach Kassel. Das Novum dieses Treffens war das Vernetzungstreffen der Geschichtswerkstätten dem Osten – Zwickau, Chemnitz und Jena – mit den Organisationen und Initiativen im Westen Deutschlands, welche sich für Gedenken und Aufklärung der Morde in ihren Städten einsetzen. Mit im Gepäck: die Transparente des Münsteraner Künstlers Thomas Ufer, die schon einmal im Rahmen einer Gedenkveranstaltung in Zwickau, anlässlich der Urteilsverkündung im NSU-Prozess 2018, gezeigt wurden. Diese großformatigen Plakate, welche die Opfer des rechten Terrors in den Mittelpunkt stellen, haben besonders viel Interesse erweckt. Es wurden im Kulturzentrum „Schlachthof“ allerdings auch die Ausstellungen der Zwickauer und Chemnitzer Geschichtswerkstätten gezeigt. Die Resonanz auf die Ergebnisse der Geschichtswerkstätten, sowie die Reden der Zwickauer Schülerinnen waren bemerkenswert. Eine weitere bundesweite enge Zusammenarbeit wurde in Kassel beschlossen.

Veranstalter: Alter Gasometer e.V. und Kulturbüro Sachsen e.V.

NSU Geschichtswerkstatt beim “If the Kids are united against racism” – Festival

Samstag
03 Nov
2018

“Zwickau… irgendwas mit NSU” lautete das Motto der
Veranstaltung in diesem Jahr, sodass spannende Workshops und Diskussionen über
die Arbeit der Untersuchungssauschüsse und den zurückliegenden Prozess
stattfanden. Zu Gast waren u.a. Anwälte der Hinterbliebenen der Opfer und die
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Die Geschichtswerkstätten aus Chemnitz,
Jena und Zwickau trafen sich im Rahmen dieses Tages und besichtigten gemeinsam
mit der Oberbürgermeisterin Frau Pia Findeiß und Petra Pau die Frühlingsstraße.
Alle sprachen sich für einen festen Bildungsort zu diesem Thema in Zwickau aus.
Zudem wurden die Ausstellungen aller Werkstätten im Rahmen des Festivals
gezeigt.

Eine Veranstaltung im Rahmen der Novembertage 2018.

Veranstalter: Roter
Baum Zwickau e.V., DGB, Westsächsische Hochschule Zwickau

Pressegespräch zu den Novembertagen 2018

Mittwoch
10 Okt
2018

Zur Ankündigung der 27 Veranstaltungen der Novembertage fand ein Pressegespräch im Alten Gasometer Zwickau statt. Mehrere lokale Medien hatten sich angekündigt und hörten interessiert den Ausführungen der Referenten zu. Matthias Bley, Koordinator Demokratiearbeit, umriss für die Presse den Veranstaltungskomplex und ging auf einige Themen näher ein. Diana Freydank aus dem Jugendbereich beschrieb im Anschluss den anstehenden Comic Workshop “Was ist Gewalt?” und merkte an, dass noch einige Plätze frei sind. Es gibt also noch eine Chance an dem kostenlosen Workshop teilzunehmen. Moderiert wurde das Ganze von Ben Ulke, PR & Marketing des Alten Gasometers.

Novembertage – Erinnern,
Gedenken und Zusammenkommen in Zwickau.  

Bereits im dritten Jahr in Folge finden die
Novembertage in Zwickau statt. Diesmal vom 16.10. bis 22.11.2018. Aufgabe der Veranstaltungsreihe ist es, eine Erinnerungskultur
zu leben. Dabei wird eine große Bandbreite an Veranstaltungen geboten. Von
Vorträgen und Diskussion über Besichtigungen bis hin zu einem thematischen
Kneipenquiz und Kinofilmen. Gesellschaftliche Konflikte stehen dabei im
Mittelpunkt, sowohl die Verbrechen des NSU, als auch Erfahrungen in der DDR
oder ein Blick auf das Thema „Gewalt“.

Das Ganze findet im schicksalshaften und
geschichtsträchtigen Monat November statt und der Blick geht zurück in die
Historie des Landes. Reichspogromnacht, friedliche Revolution und der
Nationalsozialistische Untergrund (NSU) sind Ereignisse, die es auch heute noch
aufzuarbeiten, an deren Inhalte es zu erinnern gilt. Aber es soll nicht nur in
die Vergangenheit geschaut werden, sondern es soll auch das Leben der Gegenwart
und Zukunft gestaltet werden. Es sollen Grundlagen für ein friedliches
Zusammenleben geschaffen werden, es soll sich ausgetauscht werden und Menschen
sollen zusammenkommen. Dies tun die Novembertage in diesem Jahr mit den
verschiedensten Formaten. Zum Beispiel bei einem Länderabend oder dem
Kneipenquiz. Bei Ausstellungen und Gesprächen, Vorträgen und Diskussionsrunden.
Bei Theater, Kino, Lesungen und politischer Bildung. Auch das „klassische“
Gedenken an geschichtsträchtigen Orten der Stadt Zwickau darf nicht fehlen. Mit
dieser Bandbreite an Veranstaltungen und Formaten soll ein lebhafter und
moderner Rahmen für Gedenken, Erinnern und Zusammenkommen im Landkreis Zwickau geboten
werden. Mit der freundlichen Unterstützung des Landkreises, der Stadt Zwickau,
des Landesprogramms Weltoffenes Sachsen, des Bundesprogramms Demokratie Leben und
vieler weiterer Partner soll dies gelingen.

Das Komplette Programm ist unter folgendem Link zu finden: https://issuu.com/altergasometer/docs/2018_novembertage_faltblatt_web

Veranstalter: Alter Gasometer e.V.