Demokratie-Initiativen kritisieren ausstehende Bewilligung von Projekten

Freitag
10 Mrz
2023

Netzwerk Tolerantes Sachsen fordert besseres Verfahren zur Vergabe von Fördermitteln

Pressemitteilung Netzwerk Tolerantes Sachsen vom 10.03.2023

Die Sprecher_innen des Netzwerks Tolerantes Sachsen kritisieren, dass sich in diesem Jahr die Bescheidung von zahlreichen Projekten gegen Demokratie- und Menschenfeindlichkeit stark verzögert. Trotz anderslautender Zusagen aus dem Landtag, dem Staatsministerium für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) sowie der Sächsischen Aufbaubank  (SAB) warten die meisten Träger nach wie vor auf ihren Förderbescheid.

Dem Netzwerk Tolerantes Sachsen gehören über 130 sächsische Initiativen an, die sich für ein menschenfreundliches Sachsen engagieren. Viele Projekte dieser Organisationen werden aus den Programmen „Integrative Maßnahmen“ (IM) und „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ (WOS) des Sozialministeriums gefördert. Bis Ende Juli bzw. Ende September 2022 konnten dafür Projektanträge eingereicht werden. Zuständig für die Prüfung und Bewilligung der Anträge ist in den meisten Fällen die Sächsische Aufbaubank. Dort wurde offensichtlich die Vorbereitung der Bescheidung seit mehr als einem halben Jahr aufgeschoben und ausgesessen. Vielmehr werden plötzlich neue Formulare an Träger verschickt, die den Arbeitsaufwand deutlich erhöhen.

Martina Glass vom Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. aus Wurzen, eine der Sprecher_innen im Netzwerk Tolerantes Sachsen, sagt:

„Im Monat März haben wir kein Verständnis mehr dafür, dass bei vielen Vereinen noch völlig unklar ist, von welchem Zeithorizonten bis zur Auszahlung der Mittel auszugehen ist. Neben der Existenz der Vereine, die hier bedroht ist, geht es auch um die Fachkräfte in der Demokratiearbeit im Land Sachsen, die nicht wissen, wie lang sie ihr Gehalt noch bekommen werden oder ob sie demnächst entlassen werden müssen.“

Bereits im August 2022 hatte des SMS mitgeteilt, dass bei den „Integrativen Maßnahmen“ für 2023 insgesamt 111 Anträge auf Fördermittel gemäß Teil 1 der Richtlinie eingegangen seien, darunter 61 Folgeanträge für bereits laufende mehrjährige Projekte. Wie viele davon tatsächlich gefördert werden, ist immer noch unklar. Anfang Februar 2023 hat das SMS verkündet, dass in diesem Jahr 63 Demokratie-Projekte über das WOS (Teil C der Richtlinie) gefördert werden sollen, darunter 41 Folgeprojekten und 22 Neuprojekte. Aber auch hier stehen die Bewilligungen größtenteils noch aus.
Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen e.V., ebenfalls einer der Sprecher im Netzwerk Tolerantes Sachsen, stellt fest:

„Das Bundesland Sachsen hat seit über einem Jahr ein Gesamtkonzept Rechtsextremismus, was wir sehr begrüßen. Die darin beschriebenen Maßnahmen sind wichtig und gut, aber haben keinen Wert, wenn die bewilligten Haushaltsmittel dann viel zu spät bei den Initiativen vor Ort ankommen. Wir fordern, alle zuständigen und mitwirkenden Stellen – im Land auch andere an der Fördermittelvergabe beteiligten Ministerien wie das der Finanzen – dazu auf, eine Vorgehensweise der Fördermittelvergabe zu entwickeln, die die Situation für die Träger in Zukunft merklich verbessert.“

Hintergrund: Die Demokratie-Initiativen können ihre Projekte oftmals erst beginnen, wenn der notwendige Zuwendungsbescheid ausgestellt worden ist. Vorher agieren sie auf eigenen Risiko. Da die Vereine in der Regel über nur wenige Rücklagen verfügen, ist es nicht möglich, Mieten und Löhne zu zahlen oder mit der Arbeit zu beginnen. Wenn eine Bescheidung erst zum Ende des ersten Quartals beginnt, dann ist bereits wertvolle Zeit verstrichen, in der die Arbeit nicht umgesetzt werden kann. Insbesondere kleinere Vereine müssen Räume kündigen und Arbeitsverträge auflösen, wenn die Zuwendungen erst nach vielen Monaten eintreffen. Erschwerend kommt hinzu, dass am Anfang des Jahres eingesparte Mittel nicht auf das Folgejahr übertragen werden können. Damit handelt es sich faktisch um eine Mittelkürzung im Bereich der Demokratiearbeit in Sachsen.

Offener Brief: Zwickau mit neuem Image! Aber mit welchem – und wer bestimmt es?

Dienstag
07 Mrz
2023

Offener Brief: Zwickau mit neuem Image! Aber mit welchem - und wer bestimmt es? 1
Foto: Helge Gerischer | bild-bar.de

Der Stadtrat der Stadt Zwickau hat am 26.01. in seiner Stadtratssitzung einen „Handlungsauftrag Stadtmarketing“ beschlossen. In diesem wird die Stadtverwaltung beauftragt „mindestens zwei Konzepte mit Strategien und Maßnahmen zur Neuaufstellung des Marketings zur Imageverbesserung unserer Stadt und zur Stärkung der eigenen Identität zur Entscheidung vorzulegen“.

Da es im Antrag dazu auch heißt, dass die Ideensammlung ab sofort beginnen kann, um möglichst viel Input zu erhalten, möchten wir dem gerne nachkommen und uns öffentlich dazu äußern.

In unserer Eigenheit als soziokulturelles Zentrum wünschen wir uns vor allem ein beteiligungsoffenes Verfahren. Nehmen Sie die Menschen, Vereine, Unternehmen und Einrichtungen dieser Stadt mit! Denn Identität ist etwas, dass vor allem von innen herauswächst, und Nichts, was ausschließlich durch Marketing-Expert*innen und Kampagnen von außerhalb kreiert wird. Auch Zwickau hat einen eigenen Charakter, eine eigene Geschichte, natürlich auch Schwächen, aber auch spezifische Vorteile und Stärken. Von manchen wissen wir vielleicht noch gar nichts! Dies zu reflektieren und überzeugend zu vermitteln, sollte mitgedacht werden.

Eine gute Grundlage dafür ist das Einbeziehen stadtgesellschaftlich aktiver Menschen und Stakeholder aus Zwickau. Unsere Stadt beherbergt viele tolle Menschen, Vereine, Institutionen und Unternehmen. Wir wünschen uns, dass all diese mitgenommen werden und letztlich einen potentiellen Markenkern der Stadt mitdenken und mittragen und die Gefahr einer aufgesetzten Kampagne, die vor Ort keinen Anklang findet, gering ist.

Neben der Eigenwahrnehmung ihrer Stadt durch die hier lebenden Menschen spielt dabei auch die deutschlandweite Fremdwahrnehmung Zwickaus eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ist diese wirklich so schlecht – und wenn ja, warum? Darauf aufbauend ließe sich mit einer Imagekampagne ansetzen.

Das Regionalmanagement Erzgebirge hat 2022 beispielsweise eine repräsentative Imageanalyse über
das Erzgebirge durchführen lassen. Insgesamt nahmen 3.873 Privatpersonen und 609 Unternehmen an der Befragung teil. Sowohl innerhalb der Bevölkerung als auch in der Wirtschaft wurde zudem nach regionaler Herkunft differenziert. So ergab sich ein fundiertes Bild, bei dem eine Kampagne durchaus sinnvoll ansetzen kann.

Wenn es also im Wirtschafts-, Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss und folgend im Stadtrat um den Umfang der Aufgabenstellung für die Einholung von Angeboten geht, sollten aus unserer Sicht, auch Beteiligungsformate wie Bürger*innenwerkstätte und Bürger*innenbefragung für die Konzepterstellung berücksichtigt werden. Denn im Kern sollte es nicht nur um eine bloße Kampagne gehen, sondern um einen identitätsstiftenden Mehrwert für die Stadtgesellschaft! Darin liegt eine große Chance für Zwickau!

Alter Gasometer e.V.